
Wer den Verfassungsschutz feiert, hat nichts verstanden
Was ich noch sagen wollte
Eine Kolumne zum Wochenanfang
von Heinrich Schreiber
Sonntag, 4. Mai 2025 |
Ich mache mich nicht gemein mit der Kampagne, die unter dem Banner des Verfassungsschutzes die AfD als „gesichert rechtsextremistisch“ klassifiziert und zugleich ein Parteiverbot ins Gespräch bringt. Ich habe nicht den geringsten Zweifel daran, dass diese Partei völkisch, rassistisch, arbeitnehmerfeindlich und zutiefst reaktionär ist. Ihre politische Linie richtet sich offen gegen Migranten, Geflüchtete, Andersdenkende und gegen alles, was über den engen Horizont des deutschen Nationalchauvinismus hinausgeht. Aber das ändert nichts an der Tatsache: Diese Entscheidung des Bundesamts für Verfassungsschutz ist keine antifaschistische Tat – sie ist ein taktisches Instrument im Machtkampf innerhalb des bürgerlichen Lagers. Sie ist Ausdruck einer inneren Auseinandersetzung zwischen verschiedenen Fraktionen der herrschenden Klasse, die alle gleichermaßen kapitalistisch, systemtreu und antiproletarisch agieren.
Die AfD ist nicht deshalb ein Problem für die Herrschenden, weil sie eine Gefahr für die sogenannte Demokratie wäre. Sie ist ein Problem, weil sie der CDU, der SPD und den Grünen zu viele Stimmen abzieht. Weil sie laut ausspricht, was die anderen längst in Gesetzesform gegossen haben. Abschottungspolitik, Law-and-Order-Agenda, Sozialabbau, Militarisierung – alles längst Realität unter den Parteien der „Mitte“. Die AfD entlarvt, was diese Parteien längst praktizieren, nur ohne den bürgerlich-moralischen Zuckerguss. Die Grenze zwischen konservativ und extrem verläuft nicht dort, wo der Staat sie zieht – sie verläuft zwischen Oben und Unten, zwischen denen, die herrschen, und denen, die beherrscht werden.
Wenn nun ausgerechnet der Inlandsgeheimdienst erklärt, er wolle Demokratie und Menschenwürde schützen, dann muss man die Frage stellen: Welche Demokratie? Wessen Menschenwürde? Der Verfassungsschutz schützt keine Rechte – er schützt die Herrschaftsverhältnisse. Er schützt das Privateigentum, die kapitalistische Ordnung, die politische Ruhe im Interesse der Bourgeoisie. Dieselbe Behörde, die in der Vergangenheit gegen Kommunisten, Antifaschisten und kommunistische Gewerkschafter vorging, stellt sich nun als moralischer Wächter gegen rechts dar. Aber sie bleibt, was sie ist: das schärfste Instrument zur Aufrechterhaltung der bürgerlichen Klassenherrschaft. Wer ihr heute Beifall klatscht, wenn sie gegen die AfD vorgeht, darf sich nicht wundern, wenn morgen revolutionäre Organisationen verboten, linke Medien zensiert und Streikbewegungen kriminalisiert werden.
Die AfD ist nicht unser Verbündeter. Aber der Staat, der sie verbieten will, ist es auch nicht. Ich bin Kommunist. Ich kämpfe nicht für die Stärkung des Verfassungsschutzes, sondern für seine endgültige Abschaffung. Ich kämpfe nicht für eine bereinigte, zivilisierte Variante des Kapitalismus, sondern für seine vollständige Zerschlagung. Der bürgerliche Staat kann den Faschismus nicht bekämpfen, weil er selbst dessen Nährboden ist. Er ist es, der soziale Spaltung, Ausgrenzung und nationalistische Ideologie täglich reproduziert – durch seine Gesetze, seine Medien, seine Polizei, seine Gerichte.
Nicht durch Gerichtsurteile oder Pressemitteilungen wird die AfD zerschlagen. Sie wird auch nicht durch parlamentarische Distanzierungen unwirksam. Sie kann nur dann bedeutungslos werden, wenn ihre soziale Grundlage – die rassistisch vergiftete kleinbürgerliche Unzufriedenheit – entwaffnet wird. Und das geschieht nicht durch Verbote, sondern durch Klassenbewusstsein, Aufklärung und revolutionäre Organisierung. Doch das allein reicht nicht. Wer die faschistische Gefahr ernsthaft bekämpfen will, muss den bürgerlichen Staat selbst zerschlagen – mitsamt seinen Parteien, Apparaten, Sicherheitsorganen und Ideologieproduzenten. Nicht Verbote, sondern der entschlossene Bruch mit dieser Ordnung ist das Ziel.
Ich stimme in diesen Chor nicht ein.
Daher in diesem Sinne und nicht vergessen:
Hoch die Faust und mutig vorwärts
dieser Staat muss zertrümmert werden
Euer
Heinrich Schreiber
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