Descartes, geboren 1596, und Newton liegen von der Geburt her 47 Jahre auseinander, beide sind die Hauptbegründer der Mechanik in den Naturwissenschaften, deren Geschichte die der Menschheit näher widerspiegelt als die der politischen Haupt- und Staatsaktionen.
Von Heinz Ahlreip, 02. Okrober 2024, 10:19 h | Das mechanische Denken war zu seiner Zeit notwendig und zunächst auch fortschrittlich. Sein Schwerpunkt lag auf dem kausalen Denken. Den Anstoß zu dieser Fokussierung gab der englische Philosoph David Hume mit seiner These, dass millionenfaches Beobachten, dass morgens die Sonne aufgeht, eine Gewohnheit abgeben, aber keine Kausalität begründen kann. Nicht ableitbar ist aus bisheriger jahrhundertelanger Beobachtung, dass auch morgen früh die Sonne aufgehen wird. Das war weitreichend und Kant erfasste geschockt, dass unsere angeblich wissenschaftlichen Systeme fundamentlos sein könnten. Das war die Quelle des kantischen Kritizismus, insbesondere sollte die ‘Kritik der reinen Vernunft‘ (1781) kausale Gesetzmäßigkeit und damit saubere wissenschaftliche Tätigkeit gegen den aus England kommenden Skeptizismus retten. Kant lehnte bekanntlich die Dialektik ab, so dass ihm eine wirklich wissenschaftliche Begründung der Weltentwicklungsgesetze misslingen musste. Das mechanische Denken mit seinem eindimensionalen Ursache-Wirkung-Denken blockiert das dialektische und man bleibt mit jenem sogar im Materialismus wie Feuerbach im metaphysischen Sumpf stecken, eine Welt ohne Einheit und Kampf der Gegensätze, ohne Umschlag von Quantität in Qualität, ohne Negation der Negation.
Es kann kein Zufall sein, dass James Watt im Jahr 1769 eine entscheidende Erfindung an der Dampfmaschine gelang, die einen Durchbruch bedeutete. Watt selbst hielt das von ihm entworfene Gestänge, das Wattsche Parallelogramm, für seine größte Erfindung, und dass 1770 Hegel geboren wurde. Die rhythmischen Bewegungen der Pleuelstangen der Dampfmaschinen wirkten u. a. massiv-dynamisierend auf das dialektisch Denken ein. Hegel schloss in der Substanz falsch, umgab den Weltentwicklungsprozess in seinen Gestalten Natur, Gesellschaft, Denken mit einer mystisch-idealistischen Hülle, um aber im Kern die drei dialektischen Elementargesetze zu präsentieren. Dem eindimensionalen, von Evolutionisten anerkannten und geschätzten Ursache-Wirkungsprinzip der prädialektischen Kausalität fehlte die Reziprozität, die Wechselwirkung, das Vertauschen der Plätze, die Wirkung der Ursache wird Ursache der Ursache und diese schlägt um in ihr Gegenteil wird Wirkung. Die Drehung um 180 Grad bewirkt das gegen- und ineinander zum Gegenteilwerden seiner selbst. Die menschliche Erkenntnis geht annähernd spiralförmig ihren Weg.
„Die menschliche Erkenntnis ist nicht (resp. beschreibt nicht) eine gerade Linie, sondern eine Kurve, die sich einer Reihe von Kreisen, einer Spirale unendlich nähert“.
(Lenin, Zur Frage der Dialektik, Werke, Band 38, Dietz Verlag Berlin, 1960, 339).
Sowohl die idealistische als auch die materialistische Dialektik sind Kinder der technisch-industriellen Revolution, deren fortlaufender Kommentar und theoretisches Monument das Kommunistische Manifest darstellt.
Marx sah den Hauptmangel alles bisherigen Materialismus darin, dass der Gegenstand nur objektiv, nicht subjektiv gefasst worden war. Bei aller Positionierung des Dialektischen als überlegen darf wie gesagt nicht das Richtige des mechanischen Denkens übersehen werden.
„Die Dinge mußten erst untersucht werden, ehe die Prozesse untersucht werden konnten. Man mußte erst wissen, was ein beliebiges Ding war, ehe man die an ihm vorgehenden Veränderungen wahrnehmen konnte“.
(Friedrich Engels, Ludwig Feuerbach und der Ausgang der klassischen deutschen Philosophie, Werke, Band 21, Dietz Verlag Berlin, 1960,294).
Vor der Dialektik, dem Zauberwort der Moderne, das Universum als sich selbst in seiner dreifachen Gesetzmäßigkeit bewegend und somit als sich selbst begriffenes erfasst, verblasst alles.
Gigantisches Zauberwort? Feuerbach punktete nach dem Studium des französischen Materialismus gegen den Idealismus Hegels mit dem lapidaren Hinweis, dass es eine Natur vor der Philosophie gegeben hat. Überträgt man die Zeit des subjektiv-philosophischen mehr unbewusst als bewusst praktizierten Dialektik Denkens auf eine 24stündige Erdgeschichte, so haben wir es mit einer Zwei-Sekunden-Dialektik zu tun. Erst zwei Sekunden: Von den kleinsten Sandkörnern bis zu den größten Sonnen Reflexe, Echos, Engels manchmal Abklatsch gigantischer objektiver Materiemassen im dialektischen Spatzengehirn der Überbauten. Und doch ist in diesem Gehirn das sich innewerden universaler Gesetzmäßigkeit als spezifisches Ende der Philosophie vollbracht worden. Die Philosophie ist heute vollendet.
„Es kommt überall nicht mehr darauf an, Zusammenhänge im Kopf auszudenken, sondern sie in den Tatsachen zu entdecken. Für die aus Natur und Geschichte vertriebne Philosophie bleibt dann nur noch das Reich des reinen Gedankens, soweit es noch übrig: die Lehre von den Gesetzen des Denkprozesses selbst, die Logik und Dialektik“.
(a.a.O.,306).
Eine kurze Skizze der theoretischen Entwicklung zur Dialektik ist hier in der Philosophie der Neuzeit angesagt: Es begann mit dem Gegenteil und endete mit dem Gegenteil des Gegenteils: Die Akzente des Gegenteils setzen Descartes und Kant: Ich denke, also bin ich und Sapere aude, habe Mut dich deines eigenen Verstandes zu bedienen, um richtig zu leben liegt in der Hand des Menschen. Die Konjunktion Descartes Kant schlägt um in die Konjunktion Hegel Marx. Nicht mehr Individualitäten werden betrachtet, mögen dies auch die Romantiker bedauern. Eine höhere Dimension ist erklommen, die der objektiven Kollektivität.
„Das Höchste, wozu der anschauende Materialismus kommt, d. h. der Materialismus, der die Sinnlichkeit nicht als praktische Tätigkeit begreift, ist die Anschauung der einzelnen Individuen und der bürgerlichen Gesellschaft“.
(Karl Marx, Thesen über Feuerbach, Werke, Band 3, Dietz Verlag Berlin, 1960,7).
Die aufs Einzelsubjekt rekurrierende bürgerliche Vertragstheorie denunziert Hegel mit den Worten, dass es der ewige Missverstand der Freiheit sei, sie nur auf diese rein subjektive Art zu wissen. Den Einzelnen wird vorgegaukelt, sie seien frei. Ein geflügeltes Wort von Marx lautet, zu finden im Kapital, Band 1 (MEW 23,790): Je ein Kapitalist schlägt viele tot. Es ergibt sich daraus die Verwandlung der Arbeitsmittel in nur noch gemeinsam verwendbare Arbeitsmittel, richtiges Leben ist nur durch das tätige Kollektiv möglich.
________________________
Dieses OnlineMagazin Der Revolutionär stellt kommunistische Weltanschauung zur Diskussion. Leider ist die bestehende Sichtweise über den Weg zum Sozialismus vielfach verfälscht, gelegentlich auch revisionistisch unterwandert und hat mit einer kommunistischen Ideologie wenig, gelegentlich auch gar nichts mehr zu tun. Viele Autoren, auch die Redaktion, befinden sich heute, durch unsere Altersstufe bedingt, im Ruhestand. Wir alle möchten aber unsere Erfahrungen als frühere „Parteikader“ weitergeben. Diese haben wir in der marxistisch-leninistischen Parteiarbeit und politischen Auseinandersetzung der 1970er und 80er Jahre gesammelt. Meinungsartikel und Gastbeiträge – auch wenn sie gelegentlich von der Meinung der Redaktion abweichen – sorgen für ein breites Meinungs- und Informationsspektrum.
________________________
.
Ihr könnt dies Magazin unterstützen, indem ihr:
- Freunden, Bekannten, Kollegen und Gleichgesinnten
von diesem OnlineMagazin DER REVOLUTIONÄR erzählt; - Einen Link zu diesem Magazin an sie versendet;
- Die jeweiligen Beiträge teilt oder mit einem Like verseht;
- Eine Empfehlung in den sozialen Medien postet;
- Die Redaktion und Öffentlichkeitsarbeit durch Artikel,
Leserbriefe, Videoberichte und Kritiken unterstützt,
gerne auch als Gastartikel oder Volkskorrespondent; - Unsere Seite bei Facebook mit einem Like verseht;
(https://www.facebook.com/DerRevolutionaer);
Hinterlasse jetzt einen Kommentar