
EIL- + SCHNELLMELDUNG – 9. Mai 2025 |
Die AfD hat beim Verwaltungsgericht Köln Klage gegen ihre Einordnung als „gesichert rechtsextremistische Bestrebung“ durch das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) eingereicht. Auf rund 200 Seiten fordert die Partei, dem Geheimdienst gerichtlich zu untersagen, diese Kategorisierung öffentlich zu verwenden oder entsprechende Überwachungsmaßnahmen zu ergreifen.
Hintergrund ist die vom BfV vorgenommene Eskalation der Beobachtung der AfD. Während sie bislang als sogenannter „Verdachtsfall“ galt, führt das Amt sie nun als gesichert rechtsextrem. Diese Einordnung erleichtert die Anwendung nachrichtendienstlicher Mittel wie das Einschleusen von Informanten, das Abhören von Kommunikation oder die Observation führender Parteikader – Methoden, die bereits zuvor zulässig waren, nun jedoch mit geringeren juristischen Hürden.
Laut Presseerklärung des BfV stützt sich die Entscheidung auf eine mehrjährige Auswertung von Äußerungen hochrangiger Funktionäre und programmatischer Aussagen. Besonders hervorgehoben wird das von der Partei vertretene ethnisch definierte Volksbild, das mit den Prinzipien der bürgerlich-demokratischen Grundordnung unvereinbar sei. Details aus dem zugrundeliegenden Gutachten sind der Öffentlichkeit bislang nicht zugänglich gemacht worden.
Die Partei weist die Vorwürfe in ihrer Klage zurück. Weder die Heraufstufung zur „gesicherten“ Extremismus-Bestrebung noch deren öffentliche Bekanntmachung seien rechtlich zulässig. Die AfD beantragt, dass diese Maßnahmen bis zur endgültigen Entscheidung durch das Gericht aufgehoben oder ausgesetzt werden. Dabei stützt sie sich auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und die politische Wirkung einer solchen Einstufung.
Wie bei allen Maßnahmen des Verfassungsschutzes, die über reine Beobachtung hinausgehen, prüft ein Verwaltungsgericht die rechtliche Zulässigkeit. Zuständig ist in diesem Fall das Gericht in Köln, da das BfV dort seinen Sitz hat. Im laufenden Verfahren muss die Behörde ihre Entscheidung nachvollziehbar begründen und belastbare Belege für ihre Einschätzung vorlegen. Die AfD wiederum kann diese Argumente inhaltlich angreifen und juristisch widerlegen.
Vergangene Klagen der Partei gegen ihre Behandlung als „Verdachtsfall“ blieben erfolglos. Sowohl in erster Instanz in Köln als auch im Berufungsverfahren vor dem Oberverwaltungsgericht Münster wurde die Bewertung durch das BfV bestätigt. In der aktuellen Auseinandersetzung verfolgt die Partei zusätzlich einen Eilantrag, mit dem sie eine Aussetzung der Einstufung bis zur Hauptverhandlung erreichen will. Das Verwaltungsgericht hat dem BfV zur ersten Stellungnahme eine Frist gesetzt. Mit einer Entscheidung ist jedoch frühestens in einigen Monaten zu rechnen.
Darüber hinaus stellte die AfD einen Antrag auf Erlass eines sogenannten Hängebeschlusses. Dabei handelt es sich um eine vorläufige Maßnahme, die eine mögliche juristische Schädigung bis zum Abschluss des Eilverfahrens verhindern soll. Eine ähnliche Maßnahme hatte das Gericht bereits 2021 im Zusammenhang mit der früheren Einstufung als Verdachtsfall angeordnet. Damals musste das BfV bis zur gerichtlichen Klärung seine Maßnahmen aussetzen.
Um einem solchen Beschluss zuvorzukommen, erklärte sich das BfV am vergangenen Donnerstag zu einer sogenannten Stillhaltezusage bereit. Damit verpflichtet sich die Behörde freiwillig, vorerst weder die Einstufung öffentlich zu verwenden noch darauf gestützte Maßnahmen zu ergreifen. Gleichzeitig stellt die Behörde klar, dass dies keine inhaltliche Rücknahme der Bewertung sei, sondern lediglich eine taktische Reaktion auf das laufende Verfahren.
Ungeachtet dieser Formalien bleibt die AfD weiterhin als Verdachtsfall eingestuft. Die Überwachung mit nachrichtendienstlichen Mitteln ist also auch ohne die neue Einstufung grundsätzlich weiterhin rechtlich möglich – wenn auch unter strikteren Voraussetzungen.
Die politische Dimension der Entscheidung ist offensichtlich: Sollte die Gerichtsentscheidung zugunsten des BfV ausfallen, könnte dies als Grundlage für ein formelles Parteiverbotsverfahren herangezogen werden. Ein solches Verfahren liegt jedoch nicht in der Kompetenz des BfV, sondern ausschließlich beim Bundesverfassungsgericht. Voraussetzung wäre ein entsprechender Antrag von Bundestag, Bundesregierung oder Bundesrat – ein Schritt, der derzeit nicht unmittelbar bevorsteht, aber im Raum steht.
siehe auch unseren politischen Beitrag im Hauptteil zu diesem Thema
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