Fundamentales

Das Proletariat ist entstanden durch die industrielle Revolution. Die Entwicklung dieser ist der rote Faden in den theoretischen Schriften des Marxismus-Leninismus | Photo: Videoscan YouTube

Die Revolution der bürgerlichen Gesellschaft durch das Proletariat, das ist seine durch die Klassenkampfgeschichte gestellte historische Aufgabe.

 

Heinz Ahlreip – Autor und Redaktionsbeirat

 

 

Von Heinz Ahlreip 
14. März 2024

 

 

 

Eine der ersten Bestimmungen im Kontext des Marxismus, was unter Kommunismus zu verstehen sei, findet sich im theoretischen Schaffen des 27jährigen Friedrich Engels in einer Art Vorstudie zum Manifest der Kommunistischen Partei:

„Der Kommunismus ist die Lehre von den Bedingungen der Befreiung des Proletariats“
(Friedrich Engels, Grundsätze des Kommunismus, Werke, Band 4, Dietz Verlag Berlin, 1960,363). 

Diese erste fundamentale Bestimmung aus dem Jahr 1847 hat sich auf Grund der in ihr proklamierten Dimension objektiver Wissenschaftlichkeit (Lehre und Bedingungen) durch die Jahrhunderte durchgehalten, sie ist 2024 gültig. Proletarische Revolutionäre haben in ihrer theoretischen Arbeit eben objektive Bedingungen aus dem auf den ersten Blick verworrenen Klassenkampfalltagsgeschehen zu eruieren. 

1847 sind zwei Fundamente einer wissenschaftlichen Herangehensweise an die Geschichte der Menschheit bereits errichtet: Die Geschichte ist eine Geschichte von Klassenkämpfen, die ökonomisch begründet ist. Der bürgerlichen Ideologie ist nicht bewusst, dass sie das Wollen ökonomischer Verhältnisse protokolliert.

„Die Handmühle ergibt eine Gesellschaft mit Feudalherren, die Dampfmühle eine Gesellschaft mit industriellen Kapitalisten“.
(Karl Marx, Das Elend der Philosophie, Werke, Band 4, Dietz Verlag Berlin, 1960,130).

Der große Vorteil gegenüber der bürgerlichen Ideologie liegt auf dem Tisch, diese ersieht nicht die Dampfmaschine und die ganze technisch-industrielle Revolution als den Dreh- und Angelpunkt der modernen Geschichte, die die Klasse der Proletarier hervorbringt. Das Proletariat ist entstanden durch die industrielle Revolution. Die Entwicklung dieser ist der rote Faden in den theoretischen Schriften des Marxismus-Leninismus, denn diese sind theoretische Reflexe der Arbeitsorganisation des Proletariats durch die Produktionsmittel. 

Es geht in der Theorie nicht einfach wie bei dem Anarchisten Proudhon um die Befreiung des Proletariats, sondern um diese auf dem Hintergrund der programmatischen technisch-industriellen Revolution, die die Formen der Klassenkämpfe prägt.  Eine subjektive Idee, ein Genieblitz, eine geistreiche Intention müssen den objektiv-ökonomischen Schweregehalt des Marxismus-Leninismus verfehlen, sowohl im Werk von Marx als auch in dem von Lenin steht eine ökonomische Fundamentalschrift im Mittelpunkt und diese als allgemeine Ausdrücke tatsächlicher Verhältnisse eines   existierenden Klassenkampfes. Man darf diese nicht aus dem  Klassenkampfgeschehen herausnehmen und nur als intellektuelle Glanzleistungen auf einen Sockel der Anbetung stellen, es sind schlicht Klassenkampfschriften. 

Engels schreibt 1847:

„Die große Industrie schuf in der Dampfmaschine und den übrigen Maschinen die Mittel, die industrielle Produktion in kurzer Zeit und mit wenig Kosten ins unendliche zu vermehren“.
(Friedrich Engels, Grundsätze des Kommunismus, Werke, Band 4, Dietz Verlag Berlin, 1960,369).

Neben zwei quantitativen Vorteilen, kurze Zeit, wenig Kosten, liegt vor allem ein qualitativer Sprung vor: Etwas völlig Neues in der Weltgeschichte: Materielle Not und mit ihr politische Herrschaft können überwunden werden. Es ist dieser ökonomische Sprung nach vorn, der die kommunistische Utopie zur Wissenschaft erst erdet, zumal die technisch-industrielle Revolution Revolutionen in den Wissenschaften zur Folge hatte.

Endgültig setzt sich gegen ein mechanisches Weltbild die Auffassung der Welt als ein Komplex von Prozessen durch, was dem dialektischen Denken gerade zu Beginn des Zeitalters der Revolutionen einen großen Aufschwung gab und heute noch gibt. In der bürgerlichen Ideologie wird dieser Zusammenhang zwischen technisch-industrieller Revolution und kreativer Ausbildung sowohl der idealistischen, mehr noch der materialistischen Dialektik klassenbedingt unterbelichtet. Bürgerliche Ideologen lassen heute ihre Gehirne vom Bundesadler bebrüten, wie man Fortschritt auf fast allen Ebenen in kurzer Zeit und mit wenig Kosten aufhält.

Bürgerlicher Ideologie entgeht auch ein weiterer durch die technisch-industrielle Revolution bedingter Erkenntnisfortschritt in den Gesellschaftswissenschaften: Dass die Geschichte eine von Klassenkämpfen ist und dass die Epoche der Bourgeoisie sich dadurch auszeichnet, dass sie die Klassengegensätze vereinfacht hat in zwei große sich feindlich gegenüberstehende Lager: Bourgeoisie und Proletariat. Der Zusammenhang ist heute entfallen.  Aber wieder war es der Zusammenhang mit der industriellen Revolution.

„Während aber in allen früheren Perioden die Erforschung dieser treibenden Ursachen der Geschichte fast unmöglich war – wegen der verwickelten und verdeckten Zusammenhänge mit ihren Wirkungen – , hat unsre gegenwärtige Periode diese Zusammenhänge so weit vereinfacht, dass das Rätsel gelöst werden konnte. Seit der Durchführung der großen Industrie, also mindestens seit dem europäischen Frieden von 1815, war es keinem Menschen in England ein Geheimnis mehr, daß dort der ganze politische Kampf sich drehte um die Herrschaftsansprüche zweier Klassen, der grundbesitzenden Aristokratie (landed aristocracy) und der Bourgeoisie (middle class).
(Friedrich Engels, Ludwig Feuerbach und der Ausgang der klassischen deutschen Philosophie, Werke, Band 21, Dietz Verlag Berlin, 1960,298f.). 

Die Lösung wissenschaftlicher Rätsel aus dem Hintergrund der industriellen Revolution heraus, das müssen die bürgerlichen Ideologen in ihrer Phantasmagorie einer bunten, vielgestaltigen Gesellschaft, in der entgegen der imperialistischen Vergesellschaftung der Arbeit und entgegen der zunehmenden Kollektivität der kapitalistischen Produktion auch Kapitalisten und Bankiers noch Platz haben, mehr und mehr hintenan stellen, umso mehr müssen wir es in den Vordergrund rücken, um eine Gesellschaft ohne Schmarotzer aufzubauen.

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Über Heinz Ahlreip 97 Artikel
Heinz Ahlreip, geb. am 28. Februar 1952 in Hildesheim. Von 1975 bis 1983 Studium in den Fächern Philosophie und Politik an der Leibniz Universität Hannover, Magisterabschluss mit der Arbeit »Die Dialektik der absoluten Freiheit in Hegels Phänomenologie des Geistes«. Forschungschwerpunkte: Französische Aufklärung, Jakobinismus, Französische Revolution, die politische Philosophie Kants und Hegels, Befreiungskriege gegen Napoleon, Marxismus-Leninismus, Oktoberrevolution, die Kontroverse Stalin – Trotzki über den Aufbau des Sozialismus in der UdSSR, die Epoche Stalins, insbesondere Stachanowbewegung und Moskauer Prozesse.

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