Beide Seiten ziehen Lehren aus der Revolution (Arbeiterklasse und Kapitalistenklasse)

Es reicht nicht Bücher zu lesen, ohne im revolutionären Kampf geschult und erfahren zu sein. Dazu gehören aktuell auch kämpferische Demonstrationen l Photo: YouTubeScan

Die Oktoberrevolution hat weltweit Epoche gemacht.  Sie hat über alle geknechteten Lohnsklaven ein Füllhorn von Befreiungsinspirationen ausgeschüttet und die internationale Arbeiterbewegung in Fragen der Strategie und Taktik der Machteroberung ein großen Schritt nach vorne gebracht.

Heinz Ahlreip – Autor I Redaktionsbeirat

Je intensiver man sich mit der Oktoberrevolution auseinandersetzt, um so mehr Lehren kann man aus ihr ziehen, Lenin hatte im ‘Linken Radikalismus‘ Recht, die russische Revolution von 1917 war und ist ein Vorbild der Taktik für alle.  Man muss von ihr lernen, lernen und nochmals lernen! So weit, so gut. 

Es wird aber in der Regel übersehen, dass nicht nur die Kommunisten und ihre Sympathisanten aus dieser Urquelle Nektar zu sich nehmen, dass auch die hochentwickelte Bourgeoisie im Westen aus der proletarischen Oktoberrevolution Lehren zieht. Den westlichen Bourgeoisien stehen deren besten Köpfe vor, nicht solche politischen Idioten wie Rasputin, Nikolaus und dessen deutschstämmige Gattin. Diese bürgerlichen Kader sind weltweit die fortgeschrittensten und aufgeklärtesten. Sie haben eine jahrhundertelange Erfahrung in Sachen Strategie und Taktik des Klassenkampfes und haben schnell Klassenkampflehren aus dem roten Oktober gezogen. Durch eine lange Friedensperiode von 1871 bis 1914 war das westeuropäische Proletariat revolutionsentwöhnt, in Russland dagegen fand 1905 eine mächtige, das ganze Land aufwühlende bürgerliche Revolution statt, eine Generalprobe für die Oktoberrevolution 1917. 

Die durch Monarchiesturz eine gestutzte bürgerliche Republik und eine gestutzte bürgerliche Demokratie hervorbringende Novemberrevolution 1918 (9.November) offenbarte dann auch eklatante Fehler der parteilos und ungeschult gebliebenen Kommunisten. Die KPD wurde erst am 30. Dezember 1918 gegründet. Die Novemberrevolution zeigt dagegen auch zugleich an, wie versiert die deutsche Bourgeoisie diese Krise durch sozialdemokratische Bluthunde meisterte. Es waren Sozialdemokraten, die in der Novemberrevolution die besten Menschen Deutschlands zu Tode gefoltert hatten. Die Nazis waren mit Zyklon B humaner. Leider hatten die Kommunisten in der DDR den Brief Lenins an die deutschen Kommunisten vom 14. August 1921 vergessen:

„Zehntausende der besten Menschen Deutschlands, seiner revolutionären Arbeiter sind erschlagen und zu Tode gefoltert worden von der Bourgeoisie, von ihren Helden, den Noske und Co, von ihren direkten Lakaien, den Scheidemännern u. a., von ihren indirekten und ‘raffinierten‘ (und daher für sie besonders wertvollen) Helfershelfern, den Rittern der ‚zweieinhalbten Internationale‘, mit ihrer niederträchtigen Charakterlosigkeit, ihren Schwankungen, ihrer Pedanterie  und ihrem Spießergeist.“
(Lenin, Brief an die deutschen Kommunisten, Werke, Band 32, Dietz Verlag Berlin, 1960,537)  

Da werden Dutzende von Büchern über die Novemberrevolution geschrieben, der Studioso vergräbt sich unter Stapeln, droht in der Flut zu ertrinken, durchwühlt seine nächtlichen Labyrinthe wieder und wieder, bleibt kopflos, und dann kommt Lenin mit einem Brief und klärt alles auf. Wir müssen heute daraus die Schlussfolgerung ziehen: Nach einer Revolution muss jedes Mitglied der SPD, jeder Noskist, jeder Scheidemann, jeder Pistorius, jeder Scholz, jeder Klingbeil … in der Öffentlichkeit bei Strafandrohung einen braunen Stern mit hellgrünem K für Konterrevolutionär am Mantel tragen um sich damit sofort als hochgefährlicher Volkfeind auszuweisen. Lenin sprach zusätzlich von gelben Pässen.  In den Massenmedien müssen periodisch die entsprechenden Auszüge aus Lenins Brief verlesen werden, damit die Maßnahmen verständlich werden. Gegenwärtig wären wir aber schon zufrieden, wenn man uns Marxisten-Leninisen jeden Samstagabend »Das Wort zum Bier holen« überließe. 

Strategie- und taktiklos taumelten die deutschen Kommunisten in der Novemberrevolution umher, ihre einzige Waffe war der Hass gegen die Opportunisten, Hass, obwohl das A & O des Klassenkampfbeginners, ist eine schlechte Waffe, sie kann nur als Anfang des Kampfes stehen. Aus Hass quellen vorzeitige Aufstandsversuche, darin liegt die Hauptgefahr. Für das RAF-Mitglied Gudrun Ensslin, eine Mitbegründerin der anarchistischen Kampfgruppe, war allein bloßer Klassenhass ausreichend, eine Revolution zu bestehen. Das war ein riesengroßer Irrtum, denn die Arbeiterklasse muss sich einüben in das Wesen der Politik, die eine Wissenschaft und Kunst zugleich ist. Die linke Kinderkrankheit wird sich mit der Zeit erledigen. Zudem hat die deutsche Arbeiterklasse noch zwei zusätzliche Handicaps, von denen andere Nationen befreit sind: Eine fast abergläubige Verehrung des Staates und einen Hang zur inneren Haltlosigkeit.  Letzteres ist eine weitere Schwierigkeit, die hinzukommt, denn der Klassenkrieg ist besonnen und kaltblütig zu führen. Das ist das Ziel marxistisch-leninistischer Schulung. Man muss die Bolschewiki als standhaft bezeichnen, als felsenfest, Lenin sagt, erst wenn der Feind über uns sagt, dass wir eine knochenbrechende Politik betreiben, erst dann können wir die Massen wirklich führen

Besonders Klassenkampfbeginnern unterläuft der Fehler zu glauben, dass man Revolutionen machen könne.  Man kann keine Revolution machen, das war ein Fehler Rudi Dutschkes und vieler 68er, Revolutionen müssen reifen, man kann höchsten für die Revolution arbeiten, wobei diszipliniertes Arbeiten im Vordergrund steht. Ein Revolutionär muss sich hüten, Revolution mit großen Buchstaben zu schreiben. Ein Musterbeispiel für Fehlverhalten in einer Revolution gab der Edelanarchist Paul Levi ab.  Er hat sich so wild in den Kampf gestürzt, dass er den Kampf verlieren musste. Er bildete aber nur die Spitze eines Eisberges, insgesamt bezeichnete Lenin das Heer der Kommunisten im August 1921 weltweit als schlecht geschult und schlecht organisiert. Wir können noch nicht von wirklich kommunistischen Parteien sprechen.  

 

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Über Heinz Ahlreip 115 Artikel
Heinz Ahlreip, geb. am 28. Februar 1952 in Hildesheim. Von 1975 bis 1983 Studium in den Fächern Philosophie und Politik an der Leibniz Universität Hannover, Magisterabschluss mit der Arbeit »Die Dialektik der absoluten Freiheit in Hegels Phänomenologie des Geistes«. Forschungschwerpunkte: Französische Aufklärung, Jakobinismus, Französische Revolution, die politische Philosophie Kants und Hegels, Befreiungskriege gegen Napoleon, Marxismus-Leninismus, Oktoberrevolution, die Kontroverse Stalin – Trotzki über den Aufbau des Sozialismus in der UdSSR, die Epoche Stalins, insbesondere Stachanowbewegung und Moskauer Prozesse.

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