Widerspruch durch die Versicherten ist nicht möglich

Jens Spahn machte schon in Sachen Schutzmasken-Deal kein gutes Bild | Photo: YouTube

Spahn macht’s möglich: Pharmaindustrie freut sich über intime Daten von 73 Millionen Deutschen. Datenschutz, bisher ein hohes Gut des bürgerlichen Staates, zumindest für Außenstehende – nicht jedoch für Organe wie BND und Verfassungsschutz – soll für die Pharmaindustrie ebenso nicht gelten. Der Pharmalobbyist Jens Spahn, gegenwärtig noch als Gesundheitsminister getarnt, macht es möglich. Neben den ohnehin schon skandalösen Regelungen, die Außenstehenden den eigenen Impfstatus offenbaren, ist es der Pharmaindustrie zukünftig erlaubt, auf die Patientendaten von 73 Millionen Deutschen zuzugreifen.

 

Von Heinrich Schreiber – 25. September 2021 |


Telematiksystem ist das Zauberwort. An dies System will der CDU Bundesgesundheitsminister Spahn die Arztpraxen anbinden. Die personenbezogenen Daten der Patienten werden darüber in einer Cloud im Internet gespeichert. Die Auslagerung von derart sensiblen Daten birgt verständlicherweise Gefahren in sich. Spahn will es der Pharmaindustrie erlauben, auf derartige Patientendaten zuzugreifen. Spahn meint:

„Wenn tausende Patienten mit Diabetes, Krebs oder Demenz ihre Daten verfügbar machten, könnten wir daraus lernen. Daten können Menschen heilen.”

Ab Neujahr 2022 sollen alle Arztpraxen und Krankenhäuser zu diesem sogenannten E-Rezept verpflichtet werden. Sollte sich ein Arzt verweigern, wird er Probleme haben, da er dann beispielsweise keine Krankschreibungen mehr ausstellen könnte.
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Verordnung bereits 2020 heimlich, still und leise geändert

Wie das Onlinemagazin Telepolis berichtet, ist bereits im Juni 2020 eine Passage aus der Verordnung zur Datentransparenz verschwunden, die die Weitergabe der Patientendaten an Dritte ausdrücklich verboten hatte. Das »Digitale-Versorgung-Gesetz« vom November 2019 hatte eine solche Weitergabe durch das neu zu schaffende staatliche Forschungsdatenzentrum zwar in Ausnahmefällen und auf Antrag für möglich erklärt. Grundsätzlich galt aber:

„Die Nutzungsberechtigten dürfen die … zugänglich gemachten Daten nicht an Dritte weitergeben.”

Auch eine Beschränkung dieser „Dritter” auf öffentliche oder nicht gewinnorientierte Institutionen, wie sie der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) gefordert hatte, ist in dem Papier nicht enthalten. Telepolis schließt daraus:

„Im Klartext: Damit sind die sensiblen Gesundheitsdaten von 73 Millionen gesetzlich versicherter Bürger jetzt mittelbar dem Zugriff der gewinnorientierten Gesundheitswirtschaft ausgesetzt.”

Zu den eigentlichen Nutzungsberechtigten des Forschungsdatenzentrums, die die Daten an interessierte Dritte weitergeben können, gehören unter anderem Kassen-, Ärzte- und sonstige Verbände, Forschungseinrichtungen, Universitäten und Behörden.

Die vom Forschungsdatenzentrum zu sammelnden und weiterzugebenden Daten erhält die Einrichtung sowohl durch erzwungene als auch durch freiwillige Weitergabe. Im „Digitale-Versorgung-Gesetz” ist festgelegt, dass die von den Krankenkassen gespeicherten Sozialdaten (also auch die Gesundheitsdaten) an das Forschungsdatenzentrum weitergegeben werden. Widerspruch durch die Versicherten ist nicht möglich. Freiwillig soll ab 2023 die Weitergabe der Daten aus den „elektronischen Patientenakten” erfolgen. Das sieht das ePA-Datengesetz vor.

Telepolis konstatiert darüber hinaus ein erhöhtes Risiko für den Datenschutz, weil das Forschungsdatenzentrum neben anonymisierten Daten auch pseudonymisierte Einzeldatensätze zur Nutzung anbieten soll, und zwar nicht nur als Ausnahme. Das Risiko, Patienten identifizieren zu können, sei aufgrund des Umfangs der Daten beträchtlich.

Ein umfassender Schutz der Daten vor Missbrauch ist offenbar nicht vorgesehen. Für die „nutzungsberechtigten Antragsteller” ist eine Selbstverpflichtung angedacht. Ernsthafte Sanktionen bei missbräuchlicher Verwendung sind nicht geplant. Der „gläserne Versicherte”, so das Fazit des Artikels, sei mit Spahns Verordnung näher gerückt. Keine Probleme mit der neuen Verordnung hat der Bundesdatenschutzbeauftragte Ulrich Kelber (SPD). Ebenfalls gegenüber Telepolis erklärte Kelber auf die Frage, ob er aufsichtsrechtliche Maßnahmen für geboten halte:

„Aufgrund der oben genannten Vorgaben – insbesondere der pseudonymen Zulieferung und Speicherung, der klaren Definition der nutzungsberechtigten Personen und Einrichtungen und der Sanktionen bei Verstößen – sehe ich aktuell keinen Handlungsbedarf.”

Patientendaten gelten als Goldgrube für die Medizin- und Pharmabranche, denen vor allem die Verfügbarkeit individueller Daten ungeahnte Geschäftsmöglichkeiten eröffnen würde. Der Bereich Gesundheit gilt als einer der Wachstumsmärkte überhaupt, was der tatsächlichen Gesundheit der Menschen allerdings nicht unbedingt zuträglich sein muss. Abgesehen davonklappte die Zusammenarbeit zwischen Pharmaindustrie und bürgerlichen Parteien in der jetzt auslaufenden Wahlperiode vorzüglich. Der gelernte Bankkaufmann Jens Spahn war von 2006 bis 2010 als Gründer der Lobbyagentur Politas  neben seiner Tätigkeit als Abgeordneter als Lobbyist und Berater für die Pharmaindustrie aktiv.

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Über Heinrich Schreiber 164 Artikel
Als inzwischen „Best Ager", ist die berufliche Vita schon etwas umfangreicher. Gelernter Photokaufmann, tätig als Werkzeug- und Kopierschleifer im Einzelakkord, aber auch viele Jahre als selbständig tätiger  Wirtschaftsberater waren Heinrich's beruflichen Herausforderungen. Bereits im Alter von 13 Jahren ist Heinrich mit Polizeigewalt bei einer Demonstration in der Kieler Innenstadt in Berührung gekommen. Hintergrund war der Schahbesuch 1967 in Berlin und die Erschießung des Studenten Benno Ohnesorg durch die Berliner Polizei. Das hat ihn sehr früh politisiert und seine zukünftigen Aktivitäten als Jugendvertreter und in der Gewerkschaftsjugend, in der Roten Garde Kiel/ML und später KPD/ML waren daraufhin logische Konsequenz. Heinrich ist Vater von vier erwachsenen Kindern und begleitet das politische Geschehen mit Berichten und Kommentaren aus marxistisch-leninistischer Sicht.

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