DFB Eine künstliche schwarz-rot-goldene Orgie

Mit „König-Fußball“ gelingt es der Bourgeoisie immer wieder, von bestehenden Problemen abzulenken und in ein „Wir-Gefühl“ umzuwandeln | Photo: Videoscan YouTube

Von 2009 bis 2011 fand vor dem Münchener Landgericht der medial ausgewalzte Prozess gegen den Ukrainer Demjanuk statt, der sich ab 1942 als deutscher Kriegsgefangener aus der Roten Armee als fremdvölkischer Hilfswilliger von der SS rekrutieren ließ.

 

Von Heinz Ahlreip – 15. Juni 2024 | Ab März 1943 war er zusammen mit 130 ukrainischen Hilfswilligen als Wachmann im Vernichtungslager Sobibor eingesetzt. Er wurde wegen Beihilfe zum Mord in 27.900 Fällen angeklagt. Der Prozess förderte zu Tage, dass in Sobibor SS-Offiziere jüdische Babys durch die Luft schleuderten und von Kameraden abknallen ließen, wenn die denn trafen, ansonsten zerschmetterten die Babys beim Aufprallen auf dem Boden.  Nach 1945 begann das große Schweigen, dass Verdrängen, das Einknicken vor der Verantwortung. Nach dem Ende des zweiten Weltkriegs schloss die FIFA (Fédération Internationale de Football Association) Deutschland aus allen Spielen aus und untersagte jeglichen Spielverkehr mit deutschen Mannschaften. 

Fünf Jahre nach dem Krieg durfte Deutschland wieder beitreten. Da kam 1954 das sogenannte Wunder von Bern und hob die düstere Decke der Depression hoch, man sah wieder Licht. Deutschland war überraschend Turniersieger der Fußballweltmeisterschaft in der Schweiz gegen den hohen Favoriten Ungarn geworden. Der Siegtreffer von ‘Boss‘ Rahn wirkte wie eine Erlösung aus der Vergangenheit. Das deutsche chauvinistische Spießerpack konnte wieder Nationalstolz entwickeln. 

In der Sportchronik ist nach dem Wunder ein Märchen zu verzeichnen, ein Sommermärchen 2006 und naive Menschen fielen drauf rein. Diesmal genügte ein dritter Platz. Deutschland bekam den Zuschlag als Austragungsland durch Finanzmanipulierungen des deutschen Fußballkaisers Franz Beckenbauer, ein geldgieriger Mensch mit schmutzigen Fingern. Fußball ist kein Volkssport, schon der Spitzname ‘Kaiser‘ deutet darauf hin, sondern eine Bereicherungssportart für Millionäre, russische Oligarchen und arabische Scheichs kaufen ganze europäische Spitzenmannschaften im Komplettpaket, sie haben keine Ahnung vom Fußball, aber von der Dollarzirkulation. In einem terroristischen hochimperialistischen Kernland wie die BRD gilt Heines Wintermärchen vor wie nach, es kann in der BRD kein Sommermärchen geben, sondern Lohnsklaventristesse von Flensburg bis Mittenwald.  Die BRD ist ein Land, in dem ehrliche und fleißige Menschen nicht ankommen können, die Perversion des Alltäglichen ist zu groß, zu stinkend, zu extrem. Insbesondere die Springerpresse, aber auch angeblich seriöse großbürgerliche Blätter lügen vor, das Massenphänomen sei 2006 spontan entstanden. Ein Slogan lautete damals: ‘Die Welt zu Gast bei Freunden‘. 1945 bis 1950 bekommt eine ganze Nation von der FIFA die rote Karte, 2006 allgemeiner Verbrüderungsdusel. Man muss sich nicht schämen, ein Deutscher zu sein. Bundespräsident Köhler war erfreut, er sei nicht der einzige mit einer Nationalfahne am Auto. Schon Wochen vor dem Eröffnungsspiel hatten die Massenmedien die Fußballbegeisterten systematisch auf ein Nationalgefühl eingeschworen. Märchen fallen nicht vom Himmel, sondern stammen aus der Mache von Zeitgenossen, die ein Interesse am unaufhörlichen Quillen von braunem chauvinistischem Verdummungskleister haben. Die BILD-Zeitung trommelte 2006 im Vorfeld: JA zu Deutschland! Die Zeiten der Selbstzerknirschung seien vorbei! Das Sommermärchen wurde als Wunder, da ist es wieder, das Wunder, als Wunder der Heiterkeit bejubelt. Oliver Bierhoff sprach von einem positiven Patriotismus, andere von einem Party-Patriotismus.  Auch das Jahr 2014 muss erwähnt werden, Deutschland wird in Brasilien Weltmeister durch ein 1 : 0 gegen Argentinien und ein paar Wochen später skandieren Pegida-Anhänger in Dresden: ‘Patriotismus ist kein Verbrechen‘. Ich verweise hier auf die Dissertation von Dagmar Schediwy:

‘Sommermärchen im Blätterwald – Die Fußballweltmeisterschaft 2006 im Spiegel der Presse‘

und auf ihr Buch von 2011:

‘Der neue deutsche Fußballpatriotismus aus sozialpsychologischer Sicht‘.

Sie wertet in diesen Büchern vor allem Interviews aus, die sie 2006, 2008 und 2010 auf deutschen Fanmeilen geführt hat. 

Fallen wir auch heute nicht auf die Oberfläche, auf ein oberflächliches Wir—Gefühl herein. Das DFB-Team gibt sich weltoffen und tolerant, Homosexuelle, Transsexuelle, Cross-Dresser*) – alle willkommen, während der alte Bergarbeiterverein der Ruhrkumpels Borussia Dortmund einen Sponsorenvertrag mit Rheinmetall abschließt. Alle und alles ist willkommen, nur nicht die Dialektik von Lohnarbeit und Kapital, die Fußballmillionäre würden sich selbst ertappen.  Nicht nur der Faschismus muss verdrängt werden, sondern auch das kapitalistische Blutsaugen. Es ist Schlimmes zu befürchten: Im Vergleich zu 2006 gibt es regelrechte düstere Vorzeichen:

Inflation, zunehmende Aggressivität gegenüber Politikern, Rentenangst, Wohnungsnot, Einzelamok, Wahlerfolge der AfD trotz krimineller Handlungen ihrer Kader, ein Superwahljahr, in dem die Arbeiterklasse politisch über den Tisch gezogen wird, einen imperialistischen Krieg um die Ukraine, das alles fehlte 2006. Kurz:

Wie Lenin im imperialistischen Krieg ein Hinarbeiten auf die Niederlage der eigenen bürgerlichen Regierung forderte, so müssen wir auch ein Hinarbeiten auf eine Niederlagenserie des DFB-Millionärsteams verfolgen. Es kann keine Identifikation mit dem Klassenfeind geben. 

* CrossDresser sind Menschen, die – unabhängig von ihrer Geschlechtsidentität oder sexuellen Orientierung – gerne, immer oder nur manchmal, öffentlich oder zuhause die spezifische Kleidung des anderen Geschlechtes tragen.

 

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Über Heinz Ahlreip 106 Artikel
Heinz Ahlreip, geb. am 28. Februar 1952 in Hildesheim. Von 1975 bis 1983 Studium in den Fächern Philosophie und Politik an der Leibniz Universität Hannover, Magisterabschluss mit der Arbeit »Die Dialektik der absoluten Freiheit in Hegels Phänomenologie des Geistes«. Forschungschwerpunkte: Französische Aufklärung, Jakobinismus, Französische Revolution, die politische Philosophie Kants und Hegels, Befreiungskriege gegen Napoleon, Marxismus-Leninismus, Oktoberrevolution, die Kontroverse Stalin – Trotzki über den Aufbau des Sozialismus in der UdSSR, die Epoche Stalins, insbesondere Stachanowbewegung und Moskauer Prozesse.

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