Revolutionäre Kampfkraft entsteht außerhalb des bürgerlichen Staatsapparats
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Die erneute Debatte über die Wiedereinführung der bürgerlichen Wehrpflicht zwingt die kommunistische Bewegung zu einer präzisen marxistisch leninistischen Analyse. In Diskussionen taucht immer wieder die Frage auf ob die militärische Ausbildung im bürgerlichen Staat für die proletarische Jugend von Nutzen sein könne. Ich selbst habe aus der bekannten Formel proletarische Jugend erlernt das Waffenhandwerk voreilig den Schluss gezogen die Wehrpflicht könne für uns Bolschewisten von Vorteil sein. Diese Schlussfolgerung erweist sich bei genauer Untersuchung als linksopportunistische Abweichung meinerseits. Der Irrtum entsteht aus der Vermischung zweier historisch und theoretisch getrennten Ebenen die im Marxismus niemals gleichgesetzt werden dürfen. Einerseits die Struktur des bürgerlichen Staates als Organ der Klassenherrschaft. Andererseits das Problem der Wehrhaftigkeit der Arbeiterklasse in revolutionären Situationen. Eine undialektische Vereinigung beider Ebenen führt zwangsläufig zu falschen Schlussfolgerungen.
Die bürgerliche Wehrpflicht als Apparat der Klassenherrschaft
Marx Engels Lenin und Luxemburg definieren den Staat übereinstimmend als Herrschaftsinstrument der besitzenden Klasse. Engels fasste dies grundlegend zusammen:
Der Staat ist nichts als eine Maschine zur Unterdrückung einer Klasse durch eine andere.
Quelle: Engels Der Ursprung der Familie des Privateigentums und des Staats MEW 21.
Rosa Luxemburg präzisierte im Zusammenhang mit dem imperialistischen Krieg:
Der moderne Staat ist ein Werkzeug der Klassenherrschaft ein Instrument der politischen Herrschaft der besitzenden Klasse.
Quelle: Luxemburg Die Krise der Sozialdemokratie Junius Broschüre GW Bd 4.
Die Wehrpflicht ist innerhalb dieser Staatsform keine neutrale Ausbildungseinrichtung. Sie ist ein Instrument zur Disziplinierung des Proletariats und zur ideologischen Festigung der bürgerlichen Ordnung. Sie ordnet die Arbeiterjugend in eine Kommandostruktur ein die auf der Loyalität gegenüber dem bürgerlichen Staat beruht. Der Zweck besteht darin das Proletariat verfügbar zu machen für Kriege die seinen eigenen Interessen widersprechen.
Damit steht fest: Die bürgerliche Wehrpflicht erzeugt keine proletarische Kampfkraft sondern politische Unterordnung.
Die Illusion des Lernnutzens und ihre opportunistische Wurzel
Der Gedanke das Waffenhandwerk könne auch im Rahmen der bürgerlichen Wehrpflicht erlernt werden beruht auf einem formalen Verständnis von Militärtechnik. Lenin warnt im Staat und Revolution unmissverständlich davor die Frage der militärischen Macht auf technische Fertigkeiten zu reduzieren. Er schreibt:
Die Armee ist der Kern des Staatsapparates.
Quelle: Lenin Staat und Revolution LW 25.
Die Frage ob das Proletariat eine Waffe bedienen kann oder nicht ist für die marxistisch leninistische Analyse zweitrangig. Zentral ist der Klassencharakter der Gewaltorgane und der politische Zweck dem jede Ausbildung dient. Im bürgerlichen Staat werden militärische Fertigkeiten nicht neutral vermittelt sondern als Bestandteil eines Apparats der die Loyalität der Unterdrückten gegenüber der herrschenden Klasse herstellt. Die bürgerliche Armee formt nicht Kämpfer des Proletariats sondern Untergebene der Bourgeoisie. Wer glaubt aus diesem Apparat könne die Arbeiterklasse Kampfkraft gewinnen verwechselt militärische Technik mit revolutionärer Macht. Das ist keine taktische Abweichung sondern Ausdruck einer linksopportunistischen Linie die den ideologischen und politischen Charakter des bürgerlichen Militärs verkennt und die Erfahrung der revolutionären Bewegung ignoriert.
Die revolutionäre Erfahrung der Arbeiterbewegung
Die Pariser Kommune liefert die grundlegende historische Lehre. Marx hielt fest:
Die Kommune ersetzte das stehende Heer durch das bewaffnete Volk.
Quelle: Marx Der Bürgerkrieg in Frankreich MEW 17.
Die Kampforganisation der Kommune entstand nicht aus dem bürgerlichen Militär. Sie entstand aus der politischen Erhebung der organisierten Arbeiterklasse. Die Rote Garde der russischen Revolution entstand ebenfalls nicht aus der bürgerlichen Armee sondern aus den Sowjets also den Organen proletarischer Selbstorganisation. Lenin formulierte dazu:
Ohne die organisierte Macht der Arbeiterklasse kann keine bewaffnete Macht entstehen.
Quelle: Lenin Staat und Revolution LW 25.
Die revolutionäre Wehrhaftigkeit des Proletariats setzt politische Selbstorganisation voraus. Sie kann nicht aus einem Apparat hervorgehen der gerade dazu geschaffen ist die Arbeiterklasse zu entmündigen.
Warum der Gedanke an heimliche militärische Vorbereitung falsch ist
Aus der Erkenntnis dass die bürgerliche Wehrpflicht kein Mittel proletarischer Stärkung ist darf nicht die romantische Vorstellung heimlicher militärischer Übungen abgeleitet werden. Lenin bezeichnete solche konspirativen Illusionen als kleinbürgerliche Abweichung:
Die Verschwörung ersetzt nicht die Massen.
Quelle: Lenin Was tun LW 5.
Die militärische Frage ist im Klassenkampf stets gegenwärtig weil der bürgerliche Staat auf Gewalt beruht. Doch die werktätige Klasse kann innerhalb dieses Herrschaftssystems keine eigenen bewaffneten Organe bilden. Diese entstehen erst in revolutionären Situationen in denen die Massenorganisation des Proletariats in offenen Konflikt mit dem Gewaltapparat der Bourgeoisie tritt. Die Vorbereitung darauf ist politischer Natur nicht technisch und beginnt lange vor dem Ausbruch einer revolutionären Lage. Ohne Masse keine Macht ohne Macht keine militärische Form.
Da die Arbeiterklasse gegenwärtig nicht als organisierte politische Kraft auftritt und nicht über eigene revolutionäre Massenorgane verfügt kann von proletarischer militärischer Befähigung im leninistischen Sinne nicht gesprochen werden. Militärische Befähigung ist im Marxismus niemals eine technische Frage sondern ein Ausdruck der Machtverhältnisse zwischen den Klassen. Solange die Bourgeoisie den Staatsapparat kontrolliert verfügt sie über das Gewaltmonopol das weder durch Einzelaktionen noch durch technische Kenntnisse unterlaufen werden kann. Einzelaktionen können eine notwendige Form des Klassenkampfes darstellen weil sie Erfahrungen schaffen den Widerstandswillen stärken und die Zerfallsstellen der bürgerlichen Ordnung sichtbar machen. Sie ersetzen jedoch keine revolutionäre Gegenmacht und können keine proletarische Militärkraft hervorbringen solange keine Organisation existiert die den Kampf politisch vereint führt und zentralisiert.
Lenin stellte klar:
Die revolutionäre Gewalt ist eine Frage der Macht nicht der Bewaffnung.
Quelle: Lenin Zwei Taktiken der Sozialdemokratie LW 9.
Daraus folgt dass die entscheidende Vorbereitung nicht in militärischen Fertigkeiten liegt sondern in der Herausbildung jener politischen und organisatorischen Kraft die fähig ist den bürgerlichen Staatsapparat zu erschüttern und seine Gewaltbasis aufzulösen. Erst wenn das Proletariat als bewusste massenhafte und eigenständige Kraft organisiert auftritt entstehen die materiellen Bedingungen für revolutionäre Selbstbehauptung. Jede Abkürzung durch technische Mittel führt notwendig in linksabenteurerische und opportunistische Sackgassen weil sie den Klassencharakter der Gewaltfrage verschleiert.
Schlussfolgerung
Die Annahme die bürgerliche Wehrpflicht könne für Kommunisten einen Vorteil darstellen ist bei marxistisch leninistischer Analyse vollständig unhaltbar. Sie widerspricht den historischen Erfahrungen der revolutionären Bewegung und verletzt die Grundsätze des wissenschaftlichen Sozialismus. Wer der Wehrpflicht einen Nutzen zuschreibt übernimmt objektiv Teile der Ideologie des bürgerlichen Staates und verkennt den Klassencharakter seines Militärs. Die bürgerliche Armee ist kein Ort proletarischer Befähigung sondern ein Instrument zur Disziplinierung und politischen Entmündigung der Arbeiterklasse.
Die Vorstellung die Arbeiterjugend könne aus diesem Herrschaftsapparat Kampfkraft gewinnen ist eine linksopportunistische Abweichung die zu korrigieren ist. Sie entspringt einer undialektischen Trennung von militärischer Technik und politischer Macht. Im Marxismus Leninismus ist militärische Kampfkraft niemals eine technische Frage. Sie ist Ausdruck der politischen Vorherrschaft einer Klasse. Aus diesem Grund entsteht proletarische Militärkraft erst dann wenn das Proletariat über eigene revolutionäre Organe verfügt die im offenen Kampf gegen den bürgerlichen Staat stehen.
Entscheidend ist zudem: Jede militärische Aktion des Proletariats ist nur dann revolutionär, wenn sie unter der Führung einer Kommunistischen Partei bolschewistischen Typs erfolgt. Eine solche Partei ist nicht improvisiert sondern das Ergebnis jahrelanger Vorbereitung des ideologischen organisatorischen und praktischen Kampfes. Ohne diese Partei würde jede militärische Initiative entweder im Abenteurertum enden oder vom bürgerlichen Staat zerschlagen werden. Erst die Partei gibt dem Kampf Ziel Richtung Disziplin und Klasseninhalt. Lenin betonte immer wieder dass die revolutionäre Gewalt nur unter der Führung einer bewussten und zentralisierten Vorhutpartei zu einer historischen Kraft wird.
Damit steht fest: Die militärische Befähigung der Arbeiterklasse entsteht nicht im Rahmen des bürgerlichen Staates und auch nicht durch technische Schulung seiner Institutionen. Sie entsteht im Prozess der bewussten Organisierung der Arbeiterklasse und der Herausbildung einer bolschewistischen Partei die fähig ist die politische Machtfrage zu stellen und zu führen. Alles andere ist Illusion und stärkt am Ende nur die bürgerliche Ordnung.
Nur durch die bewusste Sammlung der Kräfte des Proletariats und den Aufbau einer bolschewistischen Partei kann der Weg zur wirklichen Befreiung geöffnet werden alles andere führt zurück unter die Herrschaft der Bourgeoisie. Zugleich folgt daraus für uns die klare praktische Konsequenz, dass wir entschlossen gegen die bürgerliche Wehrpflicht kämpfen weil jeder Schritt ihrer Stärkung zugleich ein Schritt der Festigung der Klassenherrschaft des Kapitals ist.

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