Bewältigung imperialistischer Krisen – ohne Bürgerkrieg?

Polizeieinheiten und Militärs der EU hatten in NRW im Jahr 2016 eine Übung für einen Bürgerkriegsfall in Deutschland durchgeführt I Photo: YouTubeScan

Mit dem Neuen Jahr 2023 steht uns ohne Zweifel ein weiteres Multikrisenjahr ins Haus. Etwas anderes, freundlicheres darf man in der letzten Phase des Kapitalismus, im Imperialismus auch nicht erwarten. Wir leben in einer aufregenden Zeit, Konterrevolution und Revolution liegen dicht beieinander und stapeln Zündholz und Dynamit auf.

 

Von Heinz Ahlreip
am 05. Januar 2023

 

Als Imperialismus ist der Kapitalismus ein monopolistischer, faulender und sterbender. Er befindet sich im freien Fall. Deshalb kann 2023 nicht das letzte Krisenjahr sein. Der von bürgerlichen Ideologen und Journalisten ausgeheckte Grundirrtum besteht in der massenmedial stark verbreiteten Illusion, der sterbende Kapitalismus kann durch ein Wunder wieder ein Jüngling werden.

Als es mit der faschistischen Kriegführung nach der Wehrmachtsniederlage von Stalingrad am 2. Februar 1943 dem Ende zuging, sang die schwedische Schauspielerin Zarah Leander den Gassenhauer: ‘Ich weiß, es wird einmal ein Wunder geschehen…‘. Das ist die Melodie, die heute tagein tagaus in den bürgerlichen Massenmedien abgenudelt wird: Die parasitäre Bourgeoisie wird schon die Krisen in den Griff bekommen, der Brandstifter wird auch das Feuer löschen können, das er selbst gelegt hat. Was für ein tragischer Wahnsinn! Der Schlüssel zur Lösung von geschichtlichen Krisen universellen Ausmaßes kann niemals in den Händen von unproduktiven Klassen, also in denen einer Minderheit, liegen. Sowohl die vor sich her faulende Groß- als auch die vor sich her faulende Kleinbourgeoisie halten nicht den Lösungsschlüssel in den Händen, aber dank Lenin wir: In den modernen kapitalistischen Staaten sind die Wurzeln gesellschaftlichen Übels hauptsächlich sozialer Natur.

„Die soziale Unterdrückung der werktätigen Massen, ihre scheinbar völlige Ohnmacht gegenüber den blind waltenden Kräften des Kapitalismus, der den einfachen arbeitenden Menschen täglich und stündlich tausend mehr entsetzliche Leiden und unmenschlichste Qualen breitet als irgendwelche außergewöhnlichen Ereignisse wie Kriege und Erdbeben usw…“

(Lenin, Über das Verhältnis der Arbeiterpartei zur Religion, in: Lenin: Marx – Engels – Marxismus, Dietz Verlag Berlin,1957,261f.).

Das mag genügen. 

Die Hauptkrise ist der in seinen letzten Zügen liegende Kapitalismus selbst und nur das revolutionäre Proletariat ist als Antipode der Bourgeoisie in der exzeptionellen Lage, den Lösungsschlüssel zu ergreifen. Ohne Auflösung des weltweiten, permanenten und massenhaft proletarisch-bürgerlichen Terrorzusammenhangs von Lohnarbeit und Kapital, also ohne Aufhebung des Warencharakters der Produzenten durch sich selbst, ohne revolutionär-gewaltsame Aufhebung der Warenproduktion, in der sich der Zusammenhang der gesellschaftlichen Arbeit als Privataustausch der individuellen Arbeitsprodukte geltend macht und damit ohne Aufhebung des Wertgesetzes kann überhaupt keine Krise bewältigt werden, sie reproduzieren sich nur immer aufs Neue.

(Vergleiche Karl Marx, Brief an Ludwig Kugelmann in Hannover aus London vom 11. Juli 1868, Werke, Band 32, Dietz Verlag Berlin, 1960,553).

Marx und Engels sprechen im Manifest von:

…despotischen Eingriffen in das Eigentumsrecht

(Vergleiche Karl Marx, Friedrich Engels: Manifest der Kommunistischen Partei, Werke, Band 4, Dietz Verlag Berlin, 1960,481). 

Aus der Stellung zu den Produktionsmitteln und der aus ihrer folgenden sozialen Disposition ergibt sich eine Dialektik von Revolution und Konterrevolution, ein beständiger Klassenkrieg zwischen einer revolutionären Mehrheit und einer parasitär-reaktionären Minderheit. Dies ist aber noch ungeschliffen. Man spricht gemeinhin von einem vorliegenden Krieg zwischen Armen und Reichen; Rousseau, Fourier und Babeuf besaßen eine feinfühligere Sprachsensibilität – sie sprachen von einem Krieg der Reichen GEGEN die Armen. Dieser liegt heute bereits vor und nur daraus ergibt sich die Lage, dass eine parasitäre Minderheit unter imperialistischen Bedingungen mit Hilfe von bürgerlich-bürokratischen und terroristisch ausgerichteten Staatsapparaten die ganze arbeitende Menschheit terrorisiert. 

Ein politischer Hauptrepräsentant dieser Parasiten war Franz-Josef Strauß, der 1969 über APO-Kommunarden den Satz anbrachte: 

„Diese Personen nützen nicht nur alle Lücken der Paragraphen eines Rechtsstaates aus, sondern benehmen sich wie Tiere, auf die die Anwendung der für Menschen gemachten Gesetze nicht möglich ist, weil diese Gesetze auch bei Rechtsbrechern noch mit Reaktionen rechnen, die der menschlichen Kreatur eigentümlich sind“ 

(SPIEGEL, 31/1969). 

Und nun gibt es eine ganze rosarot angehauchte Mischpoke linker, schöntuender Humanisten, die zu Strauß, dem intelligentesten Politiker der deutschen Reaktion nach dem zweiten Weltkrieg, sofort auf vornehme, arbeiteraristokratische Distanz gehen, eine Art lauwarme, kleinbürgerliche, auf jeder linken Party herumschwänzelnde Revolutionsschickeria mit Riechfläschchen und seidenen Schnupftüchern in den Taschen, die es liebt, sich vor aller Welt ethisch, sogar pazifistisch aufzuspreizen und gar nicht merkt, wie fern sie zur Dialektik steht, in der es auch um die Einheit der Gegensätze geht. Die revolutionären Kommunistinnen und Kommunisten aber gehen mit Friedrich Engels direkt auf Strauß zu.

Engels bezeichnete die Kaufleute bekanntlich als:

…Parasiten, als echte gesellschaftliche Schmarotzertiere

(Vergleiche Friedrich Engels, Über den Ursprung der Familie, des Privateigentums und des Staates, in: Marx, Engels: Ausgewählte Werke, Band 2, Dietz Verlag Berlin, 1972,289). 

Die ideologischen Fronten des unvermeidbar auf das deutsche Volk zukommenden Bürgerkrieges sind bereits gezogen, die Einheit der Gegensätze steht: Tiere gegen Parasitentiere. Es gehört zu den bitteren objektiven Gesetzen des Krieges, dass dem Feind menschliche Züge entzogen werden müssen und in einem Bürgerkrieg unter Klassenfeinden wirkt dieses Gesetz noch viel grausamer, deprimierender, brutaler und bitterer. Illusionen diesbezüglich sind von hoher Schadenskraft. Wir müssen uns auf einen Bürgerkrieg der schrecklichsten Art vorbereiten, Marx sprach 1847 im ‘Elend der Philosophie‘ zum ersten Mal von diesem. Der Jakobiner Marat forderte in der zahmen bürgerlichen Revolution von 1789 lediglich 100 000 Köpfe. Man hörte nicht auf diesen glühenden Revolutionär, der in den Straßen von Paris den Gesellschaftsvertrag von Rousseau vorlesen ließ. 

Und die Folgen?

Ein General Bonaparte kam nach ganz oben, kassierte die Revolution am 13. Dezember 1799, zog 1812 gegen die Metropole an der Moskwa, vor der sich die russische Armee defensiv aufgestellt hatte. Der Durchbruch gelang ihm in der Landschlacht von Borodino am 7. September 1812: 100 000 gefallene Soldaten an einem Tag. In seinen Memoiren lesen wir, dass Borodino das Grausamste war, was er je erlebt hatte. Bei Waterloo fielen dann 70 000 Soldaten an einem Tag. Bei der Niederhaltung der Konterrevolution kommen die Völker blutsmäßig immer billiger weg als bei der Teilnahme an einem beliebigen nationalen oder imperialistischen Krieg. Dieser kommende Bürgerkrieg in Deutschland zwischen Roten und Weißen kann nicht nur innerhalb humanistischer Bahnen verlaufen, der russische Bürgerkrieg brachte nach 1917 eine so interessante Militärformation wie die TSCHEKA unter Dzierzynski hervor, eine außerordentliche Kommission zur Bekämpfung von Konterrevolution und Sabotage mit revolutionärem Standrecht ohne Gerichtsverfahren als Reaktion auf den weißen Terror. Es geht in einem Bürgerkrieg zu wie in einem Gerichtsverfahren: Zug um Zug, Auge um Auge, Zahn um Zahn.

Gerade diesen Mechanismus muss ja die proletarische Revolution, die tiefste in der Weltgeschichte, sprengen.

 

 

 

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